Gewalt an älteren Menschen umfasst ein breites Spektrum von Handlungen bzw. Unterlassungen, die einmalig oder systematisch vorkommen können. Sie unterscheidet sich von Gewalt gegen andere Betroffene, weil die Fälle komplexer und die Gewaltformen sehr unterschiedlich sind.
Gewalthandlungen sind meist vielschichtig, d.h. es lassen sich mehrere Gewaltformen gleichzeitig feststellen.
Zwar sind klare Gewalthandlungen selten, aber auch nachdrückliches Anfassen, hastiges und ungeduldiges Eingeben von Speisen, das Anbinden an den Stuhl oder an das Bett sind Formen von körperlicher Gewalt. Ebenfalls nicht auf den ersten Blick erkennbar sind die vielen Formen seelischer Gewalt wie zum Beispiel ein respektloser Umgang oder die fehlende Privatsphäre in Alten- und Pflegeheimen sowie in Krankenhäusern.
Die vielen Formen von Gewalt an älteren Menschen:
Körperliche Misshandlung reicht von der "ausgerutschten Hand" über bewusstes Quälen bis hin zur wiederholten Zufügung von Schmerzen. Blaue Augen, Blutergüsse auf Oberarmen, an den Schläfen und im Nacken, Striemen an Handgelenken und Knöcheln oder wiederholt zerbrochene Brillen können auf Tätlichkeiten hinweisen. Alte Menschen erleiden dadurch Schmerzen und Verletzungen, die bis zum Tod führen können.
Seelische oder emotionale Gewalt sind Demütigungen z.B. durch ungeduldiges Anschreien oder sich lustig machen über Fehlleistungen eines älteren Menschen, Beschimpfungen und Beleidigungen, Erzeugen von Ängsten und Schuldgefühlen durch Drohungen, aber auch Isolieren durch Unterbinden der Kontakte zu Angehörigen oder sonstigen Bezugspersonen sowie das Verweigern des persönlichen Gesprächs. Seelische oder emotionale Misshandlungen rufen Hilflosigkeit, Angst und Beschämung hervor.
Sexuelle Gewalt ist jede Art von nicht erforderlichen Berührungen und von direktem oder indirektem sexuellem Kontakt ohne Einwilligung. Sie zeigt sich in der unachtsamen oder bewussten Verletzung der Privatsphäre des alten Menschen. Solche Handlungen bewirken bei den Betroffenen Gefühle von Scham und Ohnmacht.
Finanzielle Ausbeutung hat ihre Grundlage darin, dass Angehörige oder andere Personen die Bereitschaft älterer Menschen, sie zu unterstützen, ausnützen und unangemessene finanzielle Forderungen stellen oder erzwingen. Weitere Formen der finanziellen Ausbeutung sind Trickbetrügereien.
Eine Einschränkung der Selbstbestimmung nimmt älteren Menschen das Recht, ihre Lebensführung auch mit Beeinträchtigungen oder Einschränkungen selbst zu gestalten. Andere Personen entscheiden darüber, "was gut für den betreffenden Menschen ist". Die Betroffenen verlieren dadurch ihre Selbstständigkeit und Integrität.
Vernachlässigung ist die wiederholte Verweigerung oder Unterlassung von notwendiger Hilfeleistung oder erforderlicher Pflege. Die Folgen können gravierend sein und reichen von einer Verkürzung von Muskeln und Sehnen über Wundliegen bis zur Inkontinenz und zum kognitiven Abbau.
Starre Reglementierungen in Institutionen sind in den institutionellen und gesellschaftlichen Strukturen verankert und verbergen sich hinter Normen und Regelungen, die meist nur innerhalb der Einrichtungen bekannt und nur selten auf die Kompetenzen und Ressourcen älterer Menschen abgestimmt sind. Die Auswirkungen inhumaner Strukturen und Normen werden häufig nicht als Gewalt erkannt oder werden bagatellisiert, das eigene (gewalttätige) Handeln wird mit dem Hinweis auf die bestehenden Rahmenbedingungen oder Organisationsregeln entschuldigt.
Eine Beeinträchtigung von Lebensraum wird unter anderem durch kahle und eintönige Wände und Flure in Heimen und Krankenhäusern verursacht. Fehlende Orientierungshilfen durch Farben, Bilder oder Gegenstände lassen keine wohnliche Atmosphäre aufkommen und können die Desorientierung fördern. Erzwungenes Wohnen mit fremden Personen macht einen privaten Lebensbereich, über den der ältere Mensch alleine verfügen und bestimmen kann, unmöglich.
Die Lebensqualität der Bewohnerinnen/Bewohner steht im Mittelpunkt des Nationalen Qualitätszertifikats für Alten- und Pflegeheime in Österreich (NQZ). Informationen dazu finden sich auf den Seiten des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und auf der NQZ-Website.
Für den Inhalt verantwortlich: Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz